Die Kunst des bewussten Lebens
Achtsamkeits-Lehre kommt ursprünglich aus dem Buddhismus. Achtsamkeit ist aber an keine Religion gebunden, sondern die Kunst des bewussten Lebens, eine wache und offene Geisteshaltung. Achtsamkeit gedeutet, seine Aufmerksamkeit dem Augenblick zu widmen, die wache Aufmerksamkeit nach innen bzw. nach außen zu richten, wobei man tief entspannt und konzentriert gleichzeitig ist.
Wir leben oft mit der fehlenden Aufmerksamkeit für das Hier und Jetzt, haben gewissermaßen den „Autopiloten“ eingeschaltet. Routine spart Energie, nimmt uns aber Handlungsspielraum. Wir reagieren automatisch mit den gleichen Handlungsmustern, ohne wirklich in uns hineinzuhören. Nicht wertende Selbstbeobachtung hilft uns, aus einem Abstand heraus, Informationen über belastende Situationen zu gewinnen. Und wir lernen, den jetzigen Augenblick zu leben.
Achtsamkeit, Wissenschaft und moderner Buddhismus
Jon Kabat-Zinn, verknüpfte sein Wissen aus der Verhaltensmedizin, die den Menschen als Ganzes sieht, mit seinen Meditationserfahrungen, die er in Asien gesammelt hatte. Er entwickelte daraus das 8-wöchige Programm „Mindfulness Based Stress Reduction“ (MBSR). Kabat-Zinn gelang damit eine Verknüfung von jahrtausende alten Übungen zur Bewusstseinsschulung und der modernen Medizin.
Thich
Nhat Hanh, ein vietnamesischer Mönch, Zen Meister, Poet und
Friedensaktivist, verbindet die spirituellen Wurzeln des Buddhismus mit
den aktuellen brennenden Fragen westlicher Zivilisation. 1982 gründete
er zusammen mit Schwester Chân Không in Südfrankreich das buddhistische
Kloster und Übungszentrum "Plum Village".
Was bringt Achtsamkeit?
Durch Achtsamkeit kann man die Automatismen eigener Stressreaktionen erkennen (z.B. auch Essverhalten unter Stress, Aufbrausen etc.), einen inneren Abstand zu den eigenen Reaktionen gewinnen.
Gedanken und Gefühle wahrzunehmen und anzunehmen, hilft, innere Distanz dazu zu gewinnen, und das eigene Verhalten sinnvoll zu steuern, die Handlungskompetenz zu erweitern, Konflikte vielleicht sogar überhaupt erst einmal zu erkennen. Ehrlich sich selbst gegenüber zu sein, die Gründe für die eigenen Überzeugungen und Gefühle kennenzulernen, hilft uns, falsche Überzeugungen loszulassen, und auch von in der Vergangenheit erfahrenem Leid geheilt zu werden.
2 Arten von Übungen:
- klar strukturierte, bewusste Übungen, innerhalb einer Zeitspanne von 5- 15 Minuten, wobei man die Wahrnehmung auf bestimmte Sachen richtet wie Atmung, gehen, Geräusche, Empfindungen...
Eine Anleitung zum "bewussten Atmen" finden Sie auf meiner Seite "
Burnoutprophylaxe".
- Mini-Achtsamkeitsübungen, in den Alltag integriert, bei täglichen Gewohnheiten, z.B. auf den Atem (3 Atemzüge bewusst) achten, bevor man das Haus verlässt, an der roten Ampel, während eines Gesprächs... oder auch sich im Alltag bestimmter Gedanken und Handlungmuster gewahr zu werden
- Bequeme (Sitz-)Haltung einnehmen: gerade Körperhaltung, z.B. auf der Stuhlvorderkante, Beine parallel, Füße auf dem Boden, Hände locker auf dem Oberschenkel.
Oder im Stehen: aufrechte, entspannte Haltung, Füße hüftbreit auseinander, Kopf gerade, Knie leicht gebeugt, Arme neben dem Körper. Oder im Liegen.
- einfach wahrnehmen, nicht werten, z.B. Atmung wahrnehmen, Körperbefindlichkeit wahrnehmen, Bewegung wahrnehmen (Gehmeditation), Gedanken und Gefühle registrieren („Aha, das ist mein Gedanke“) oder Konzentration auf Sinneseindrücke wie Geräusche
- bei akuten Depressionen oder bei Psychosen, sowie bei Drogenabhängigkeit, Achtsamkeitsübungen mit dem Psychologen oder Psychiater absprechen.
- Grundhaltungen sind z.B.: Akzeptanz, Offenheit, Bewertungen loslassen, während der Übung nichts beabsichtigen, Vertrauen in sich selbst, Geduld, Vergangenes annehmen und loslassen.
Empfehlenswerte Bücher zum Thema Achtsamkeit:
- Jan Thorsten Eßwein: Achtsamkeitstraining, MBSR, die anerkannte Anti-Stress-Methode; incl. CD; GU
- Ulrich Hoffmann: Mini-Meditationen; GU
[Kurzmeditationen für jede Gelegenheit. Keine dauert länger als drei Minuten.]
- Maren Schneider: Der kleine Alltags-Buddhist; GU
[Kurze Übungen, die jeder in seinen Alltag einbauen kann. Auch achtsame Kommunikation. Achtsames Leben... ]
- Dr. med. Frank Meyer: Burnout, neue Kraft schöpfen; incl. CD; GU
- Marie Mannschatz: Meditation - Mehr Klarheit und innere Ruhe; incl. CD; GU
Bücher zum Thema achtsames Essen:
- Thich Nhat Hanh* und Lilian
Cheung: Achtsam essen - achtsam leben: Der buddhistische Weg zum
gesunden Gewicht; Verlag O. W. Barth
- Maria Sanchez: Sehnsucht und Hunger: Heilung von emotionalem Essen; auch als Audiobook; Envela Verlag
- Jennifer Taitz: Wenn Essen nicht satt macht - Emotionales Essverhalten erkennen und überwinden; Balance Buch + Medien
Das ist vor allem wichtig, wenn Essen zum Ersatz wird für andere Bedürfnisse, wie der Sehnsucht nach Ruhe, Geborgenheit etc. ... "Etwas Nettes muss doch heute noch passieren!" - und schon greift man auf dem Sofa nach der Süßigkeitenschachtel oder ähnlichem. Der Wunsch, unangenehme Gefühle wie Traurigkeit, Wut, Angespanntheit, Angst oder Schuldgefühle durch Essen erträglicher zu machen, ist verständlich, denn ursprünglich diente Essen nicht nur der Sättigung, sondern auch als Beruhigungsmittel (das Stillen als Baby).
Hier ist es wichtig zu erkennen, wonach wir wirklich "Hunger" haben. Wo haben wir uns im Laufe des Tages verloren? Wie kommen die inneren Spannungen zustande? Welche Verhaltens- und Denkweisen verhindern das Verwirklichen der eigentlichen Bedürfnisse - z.B. zu oft "ja" sagen, obwohl ich "nein" meine, oder sich aufreiben an Stress, Kummer etc. ? Hier hilft es, unseren inneren Spannungen Aufmerksamkeit, Achtung und Respekt zu zeigen. Und es nicht als Schwäche anzusehen, wenn man sich z.B. traurig, leer oder verärgert fühlt. Es braucht Geduld mit sich selbst und intensives Üben, um das zu lernen. Akzeptanz, Achtsamkeit, das Nachdenken über das eigenen Denken, seine Gefühle zu erforschen, und herauszufinden, was einem wirklich gut tut, kommt nicht von heute auf morgen. Ein erster Schritt ist, sich auf den Weg zu machen ...