In unserem Alltagsdenken gehen wir oft davon aus, dass

- äußere Umstände

- gegenwärtige Ereignisse und Situationen oder

- frühe Kindheitsschicksale

unser seelisches Erleben beeinflussen.


Bis zu einem gewissen Grad ist das auch richtig. Gerade in dieser weltweiten Krisensituation sind wir in hohem Maße mit äußeren belastenden Ereignissen konfrontiert. In der Tat sind wir ja momentan mit potentiellen realen Bedrohungen konfrontiert. Dennoch: So, wie wir über Dinge oder Situationen denken, so fühlen wir uns. Oft laufen diese Bewertungen unbewusst ab.


Wichtig ist es, den Gedanken oder das Gefühl an sich nicht zu verdammen, sondern differenziert zu betrachten (wo ist er hilfreich und wo verursacht er mir Stress). Hier kann es helfen, die Gedanken zu hinterfragen, zum Beispiel wie kann man die Situation noch betrachten? Alternative Gedanken entwickeln. Auch Achtsamkeit hilft hier, die Einstellungen aus einem gewissen Abstand zu betrachten - ohne Wertung.


Auch ist es wichtig, zu erkennen, worauf ich Einfluss habe und worauf nicht. Ob ich z.B. Angst habe, lässt sich eher nicht beeinflussen. Was ich aber tue, wenn ich Angst oder Sorgen habe, darauf habe ich Einfluss.


Ich möchte euch hier ein paar Übungen an die Hand geben, mit belastenden Situationen, Gedanken und Gefühlen umzugehen. 

Die „achtsame Atempause“


Was bringt‘s?:

Gedanken und Gefühle begrüßen und annehmen. Abstand gewinnen.

Sich sammeln, eigene Befindlichkeit wahrnehmen, im Alltag zu einer entspannten und wachen Haltung finden.


(auf Atem konzentrieren, wenn Gedanken aufkommen, mit Milde begrüßen, sie benennen „aha, ich denke...“ und wieder loslassen)


Drei Schritte, die jeweils 1 Minute dauern.


- 1. Momentaufnahme des gegenwärtigen Augenblicks:

Augen schließen oder geöffnet lassen, Bewusstsein nach innen richten, einfach registrieren, ohne zu bewerten:


Welche Gedanken?:

neutral beobachten, benennen, registrieren.

(„Aha, O.K., ich denke: …. “) Gedanken ziehen vorüber wie Wolken...


Welche Gefühle? Welche Stimmung?:

auch unangenehme würdigen, begrüßen und zur Kenntnis nehmen („Aha, ich empfinde: ...)


Welche körperliche Befindlichkeit?:

Atem wahrnehmen, Mini-Körperwanderung, Sitzfläche u.ä. wahrnehmen, gibt es Verspannungen im Körper...


- 2. Aufmerksamkeit im Atem sammeln:

Atem durch die Nase spüren, Bewegung der Bauchdecke fühlen, mit dem Atem im Hier und Jetzt ankommen


- 3. Über den Atem hinaus den Körper als Ganzes wahrnehmen:

Körperhaltung wahrnehmen, Körperempfinden von Kopf bis Zehen spüren.

5-10 Atemzüge lang, mit dem Einatmen ankommen und mit dem Ausatmen loslassen.


Zurückkommen und dieses achtsame Bewusstsein mit in den Alltag nehmen.


Achtsam in sich hineinzuhören, diese Gedanken und Empfindungen in einer annehmenden Haltung wahrzunehmen, macht uns offener dafür, eigene Bedürfnisse sowie Warnsignale für Überforderung besser zu sehen. Und es hilft uns, wenn sich eine Situation nicht ändern lässt, diese besser annehmen zu können.

Eine annehmende Haltung kann man nicht per Knopfdruck erreichen, es bedarf einer gewissen Zeit, Geduld und kleiner Schritte. Nur Mut, es lohnt sich.

Annehmen, was ich nicht ändern kann 


Suchen Sie sich ein Problem heraus, das Sie nicht lösen können.

Es geht darum, dieses Problem anzuschauen, anstatt es wegzuschieben.


- aufrecht und entspannt hinsetzen, Hände auf den Oberschenkeln mit den Handflächen nach oben legen

- beobachten, welche Gedanken und Gefühle auftauchen (ohne Wertung)

- nur achtsam wahrnehmen („Ja, so ist es. Das gehört zu meinem Leben.“ „Ich muss mich nicht immer darüber aufregen.“)

- spüren Sie auch Körpergefühle, „sitzt“ das Problem irgendwo? (hineinspüren, Atem in diese Stelle hineinschicken)

- Sie müssen das Problem nicht mögen, nur gelassen anerkennen (es ist wie es

es ist)

- ruhig weiteratmen, einige Minuten in diesen inneren Prozessen verweilen, dann langsam „zurückkommen“

Natürlich sollte ich grundsätzlich überlegen, ob ich etwas ändern kann, und nach Lösungen suchen, vielleicht auch mit anderen zusammen. Worauf ich jedoch so gut wie immer Einfluss haben kann, sind meine Gedanken. Hierzu ist es wichtig, sich stressverursachender Gedanken zunächst bewusst zu werden, da sie oft unbewusst ablaufen. Dann kann man die Gedanken auf Rationalität überprüfen, das heißt, sie hinterfragen und sehen, welche alternativen, weniger Stress verursachenden Gedanken ich entwickeln kann. 

Fragenkatalog: stressverursachende Gedanken hinterfragen


Realitätsbezug („Das gibt’s doch nicht Denken“ entschärfen)

- Kann ich absolut sicher sein, dass der Gedanke wahr ist?

- Zu welchen Aspekten der Situation kann/ muss ich sagen: „das ist, wie es ist“ ?


Nutzen/Chancen („globale negative Bewertung“ entschärfen)

- Hilft der Gedanke, das zu erreichen, was ich erreichen will?

- alternative Gefühle (wer wäre ich ohne diesen Gedanken?)

- Wo liegen die Chancen in dieser Situation?


Eigene Stärken/Erfolge/Belastbarkeit/Annahme 

- Welche Schwierigkeiten habe ich schon in meinem Leben gemeistert?

- Wie habe ich das damals geschafft?

- Welche meiner Stärken hat mir dabei geholfen?


Entkatastrophisieren 

- Was könnte schlimmstenfalls geschehen? 

- Wie wahrscheinlich ist das?

- Was könnte Gutes geschehen?


Distanzieren/Rollentausch 

- Was würde ich einem Freund in dieser Situation raten

- Was würde mein(e) Freund(in) mir raten?

- Wie denke ich in einem Jahr über die Situation?


„MUSS-Denken“ entschärfen 

- alternatives Handeln (Wieso muss ich? Ich kann auch anders handeln)

- Habe ich überhaupt Einfluss auf die Situation oder ist es hilfreicher, sie anzunehmen?